Ritter Blatschare (15)In arte voluptas

Einführung in die Geschichte Schlaraffias

Die Geschichte Schlaraffias ist eng mit dem Prager Theater verknüpft.

Thomé, der Direktor des Deutschen Theaters wollte im Künstlerclub "Arcadia", in welchem sich das Protzentum bereits breit gemacht hatte, ein bekanntermaßen nicht mit irdischen Gütern gesegnetes Mitglied seines Theaters zur Aufnahme anmelden.

Bei den Erörterungen zur Aufnahme kam es zwischen Thomé und den übrigen Vorstandsmitgliedern zu Differenzen, wobei auch das Wort "Proletarier" fiel.

Thomé war über diese Beleidigung eines seiner Theatermitglieder so entrüstet, daß er seinen sofortigen Austritt aus der "Arcadia" erklärte. Einige weitere Mitglieder schlossen sich ihm spontan an.

Außer der "Arcadia" bestand zu jener Zeit in Prag auch noch eine Gesellschaft von Künstlern und Kunstfreunden, die weder Namen noch Statuten besaß und allabendlich zwanglos zusammenkam.

Thomé und die Mehrzahl der Theatermitglieder gehörten dieser Gesellschaft an, deren Mitglieder in erster Linie künstlerische Ideale pflegten und dabei Humor und Geselligkeit nicht zu kurz kommen ließen.

Thomé ließ dieser Runde wissen, was in der "Arcadia" vorgefallen war. Momentan war man darüber konsterniert, aber dann wurde unter Jubel beschlossen, die namenlose Tafelrunde - der "Arcadia" zum Trotz - "Proletarier-Club" zu benennen.

Seine Mitglieder gaben sich eigene Namen, die ihrem Beruf oder ihren Neigungen entnommen waren und hängten an diese Namen das Wort "Proletarier" an.

So nannte sich zum Beispiel ein Kapellmeister "Taktstockproletarier", ein Kaufmann "Mehlproletarier", ein Baumeister "Bauproletarier" usw ...

Aus diesem Proletarierclub ging die "Schlaraffia" hervor.

Zwischen der Gründung des Proletarierclubs und der Umwandlung in die "Schlaraffia" am 10. Oktober 1859 liegt ein Zeitraum von etwa 6 Monaten.

Anfangs herrschte recht reges Treiben im Proletarierclub, aber nach und nach drohten die Wogen der Begeisterung im Sande zu verlaufen und man fürchtete schon eine Auflösung des Bundes.

Da forderte der Opernsänger Albert Eilers die restlichen treuen Gesinnungsgenossen am 10.10.1859 auf, sich mit Handschlag und Wort zu verpflichten, treu und fest im Bunde zusammenzuhalten.

Man gab dem neu gegründeten Verein den Namen "Schlaraffia" und schrieb neben der Pflege der Kunst und des Humors auch die innige Freundschaft auf sein Banner.

Die Mitglieder gaben sich Ritternamen.

Der Gründer, Albert Eilers, nannte sich "Graf Gleichen".

Die Vereinsmitglieder bedienten sich einer mittelalterlichen Sprachweise und dazu kam ein komisch-gravitätisch sich bewegendes, mit Schalksmütze stolzierendes Rittertum, ein sich spreizender Hofadel und Reychsambtsdünkel, der unfehlbare Despotismus der Oberschlaraffen als der Erwählten des Reyches und demütig ehrfurchtsvoller Gehorsam seitens der übrigen Ritterschaft.

Die Eitelkeiten und Lächerlichkeiten dieser Welt sollten so als Persiflage mit einem närrischen Kult dargestellt und verulkt werden.

Entnommen einem Sendboten von Rt. Blatschare